Salzburger Stier

Preisträger:innen

Die Gewinner:innen 2024

Wir Zeitgenossen fühlen uns beim Blick auf die Welt manchmal «unwohl wie ein heimlich geimpfter Impfgegner», sagt Dominik Muheim in seinem aktuellen Bühnenprogramm. Ein Satz wie ein Pfeil ins Fleisch. Der 1992 in Liestal geborene Kabarettist bekennt, er sei nur aus Versehen diplomierter Lehrer geworden. Bestimmt ebenso ungeplant hält er als Bühnenkünstler einen Rekord. Fünf verschiedene Poetry-Slam Schweizermeister-Titel hat er schon gewonnen.

Die Stadt Olten, Austragungsstadt des Salzburger Stiers 2024, bringt Dominik Muheim besonderes Karriereglück. In der Aarestadt gewann er 2015 das «Oltner Kabarettcasting» und 2016 die «Sprungfeder». Wo Muheim auftritt, herrscht gute Laune. Vielleicht kein anderer hat eine solche Freude am widersprüchlichen Zustand der Welt. In jedem Widerspruch steckt für ihn eine poetische Pointe, eine Geschichte, ein Augenzwinkern. Dominik Muheim hat nicht nur einen siebten Sinn für dieses Zwinkern, er hat auch die Sprachkraft, all das Treibgut einer durchgeknallten Welt als verschmitzte Anekdote zu präsentieren.

Nach «Plötzlich zmitzt drin» (2016) und «Chunnt scho guet» (2019) tourt er derzeit mit «Useluege», seinem dritten Bühnen-Programm, erfolgreich durch die Schweiz. Bisher immer mit dabei der Bühnenpartner und Musiker Sanjiv Channa. Dazwischen erlebte er mit Valerio Moser und David Hasselhoff eine Kreuzfahrt und hat eine Geschichtensammlung veröffentlicht. Der Salzburger Stier 2024 geht an einen Mann, der unser Alltagsleben mit nichts als Worten in charmante und höchst skurrile Karikaturen zerlegt. Und wenn es ihm mal die Sprache verschlägt, zieht er sich garantiert mit dem richtigen DJ Bobo-Zitat aus der Affäre.

Tina Teubner, begnadete Melancholikerin mit ausgeprägter Tendenz zu humorvollen Lösungen, studierte Musiktherapie in Wien sowie Geige in Düsseldorf und Münster. Da sich schon früh abzeichnete, dass sie nicht anders konnte, als im Drama die Komik und in der Komik das Abgründige zu entdecken, war klar, dass ihre künstlerische Heimat das Kabarett ist.

So bereist sie seit vielen Jahren den gesamten deutschen Sprachraum, fest entschlossen, ihr Publikum mit Liedern, Kabarett und Unfug zu beglücken und wachzurütteln. Sie liebt Franz Schubert, Thomas Bernhard, das Meer, ihre Kinder, Pina Bausch, Pullover, die nicht kratzen, La Strada von Fellini und ihren Mann (meistens jedenfalls).

Die neue deutsche Rechtschreibung beherrscht sie ebenso wenig wie die alte. Ihre exzessiven emotionalen Ausbrüche, die ihren Programmen die einzigartige Prägnanz verleihen, hat sie alle an ihrem Mann getestet. Sie ist zudem der festen Überzeugung, dass sie nur deshalb mit Preisen überschüttet wurde. Unter anderem: Bundeswettbewerb Gesang, 1. Preis (1993), Deutscher Kleinkunstpreis (1999 und 2010), Deutscher Kabarettpreis (2001), Gaul von Niedersachen (2020) – um nur einige zu nennen. Und jetzt auch mit dem Radio-Kabarett-Preis Salzburger Stier.

Multitalent Tina Teubner, Jahrgang 1966, kann Film, Wort, Musik und ist regelmäßiger Gast in allen einschlägigen Hörfunksendungen sowie im Fernsehen. Sie schreibt Kolumnen für das Radio, sie singt im Radio und begeistert ihre Bühnen-Fans in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Rastlos interessiert an allem, was den Menschen zum Menschen macht, und neugierig auf den Blick ins Innerste.

Müsste sie sich auf ein Lebensmotto festlegen, dann wäre es der Gedanke von Roger Willemsen: „Man kann sein Leben nicht verlängern, man kann es nur verdichten.“

Zusammenbraut – das erste Bühnensolo von Dirk Stermann

„Für mich war immer klar, dass der Wiener Humor sich selbst zerfleischt. Man ist sich selbst der größte Gegner,“ sagt Dirk Stermann. In seinem ersten Solo Zusammenbraut gibt er einen Brautvater, der an Zwielichtigkeit nichts zu wünschen übrig lässt. Die vorbereitete Brautrede hält er an einem festlich gedeckten Tisch. Kleiner Schönheitsfehler: die tatsächliche Feier findet woanders statt.

Der Kabarettist, Moderator und Autor Dirk Stermann ist Österreichs liebster Wahlwiener. Geboren wurde er in Duisburg,1987 kam er ins Numerus clausus-freie Wien, um Theaterwissenschaft und Geschichte zu studieren. Bereits ein Jahr später entdeckte er den ORF als alternatives Betätigungsfeld und eröffnete mit Christoph Grissemann den „Salon Helga“. Diese wöchentliche Radiosendung, die anfangs bei Ö3 und später bei dem Jugendkultursender FM4 lief, war der Beginn einer unendlichen Erfolgsgeschichte. Die beiden Entertainer Stermann & Grissemann produzierten ihre Gags bald auch für Bühne und Fernsehen. Ihr Dauerbrenner seit 2007 ist die Late-Night-Show „Willkommen Österreich“. 2002 wurden Stermann&Grissemann mit dem Salzburger Stier ausgezeichnet.

Nach dem Jahrzehnte währenden Doppel im Dienste der grenzenlosen Satire hat Dirk Stermann sein erstes Soloprogramm entwickelt. „Zusammenbraut“ erzählt – als Hochzeitsrede getarnt - die Familiengeschichte eines egozentrischen Kabarettisten aus Duisburg. Stermanns Monolog für das abwesende Hochzeitspaar bietet eine perfekte Melange aus Zuckerguss, Ironie und Abgründen. Und dabei legt der Brautvater Dirk Stermann sehr pointenreich das Potential seines Protagonisten als Rabenvater offen. Mit souveräner Selbstironie und einer großen Portion Schmäh zeichnet Dirk Stermann das Bild einer offenbar missglückten Utopie von Familie.

„Ich rede schiach über mich und schiach über andere, das regt in Wien aber niemanden auf“ – so Dirk Stermanns Befund über sein Bühnenprogramm, für das ihm zweifelsfrei der Salzburger Stier für Österreich gebührt.

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