Salzburger Stier

Die Gewinner:innen 2026

Preisträger:innen

Besuchte Antigone Barbaras Rhabarberbar? Waren falsche Pferde in der Arche? Man weiß es nicht, aber im Kosmos eines Bodo Wartke ist alles möglich. Weil er vieles kann und er seiner Phantasie keine Grenzen setzt.

Bodo Wartke, Jahrgang 1977, ist ein Chansonnier, ein virtuoser Pianist, ein wandlungsfähiger Schauspieler und ein charmanter Conférencier. Sein Markenzeichen ist der ungewöhnliche, zugleich hochmusikalische Reim in Verbindung mit eingängiger und ausgefeilter Musik. Und: Sprache ist bei ihm immer auch Musik und seine Musik gibt seiner Sprache wiederum ihre Struktur. Seine Fertigkeiten nutzt Bodo Wartke für eine breite Vielfalt an Themen – von verspielten Reim-Etüden über komplexe Liebeslieder und absurd-komische Alltagsbeobachtungen bis hin zu politischen, gesellschaftskritischen Chansons. 19-jährig gab Bodo Wartke am 16. November 1996 sein erstes abendfüllendes Konzert und schaut nun auf eine fast 30 Jahre währende Künstlerkarriere zurück.

Mit seinen selbst komponierten und getexteten Liedern hat er bereits sieben Klavierkabarettprogramme «in Reimkultur» als Solist kreiert; hinzu kommen zwei weitere Best-of-Programme mit Orchestern und eines mit seiner Band. Darüber hinaus hat er zwei moderne Neudichtungen antiker Dramen herausgebracht, in denen er selbst als Schauspieler auftritt: «König Ödipus» und «Antigone» nach Sophokles.

Seine Theaterstücke – modern getextete und vertonte Adaptionen antiker Dramen, die er mit Dramaturgin Carmen Kalisch und Regisseur Sven Schütze verfasste – wurden bereits von über 50 Bühnen und Theatergruppen deutschlandweit gespielt; darunter das Hessische Staatstheater Wiesbaden sowie das Wolfgang Borchert Theater in Münster. Die Bearbeitung von Antigone fand als Lehrmaterial Einzug in Publikationen des Westermann Schulbuch-Verlags.

Seit 2023 beschäftigt sich der Reimkünstler mit Zungenbrechern und hat bereits mehr als 50 in sechs Staffeln auf Social-Media- und Streaming-Plattformen veröffentlicht. Ende September 2025 ist auch ein Buch mit Zungenbrechergeschichten erschienen. Dass er zudem ein großartiger Radiomacher ist, sei hier nur noch am Ende der Laudatio erwähnt.

«Ich bin Sonja Pikart, sonst bin ich flexibel», stellt sich die gebürtige Deutsche und in Wien lebende Kabarettistin augenzwinkernd vor. Sie ist eine Meisterin der vielen Rollen, wandlungsfähig und lustig. Sich selbst beschreibt sie in einem ihrer Programme als «postmoderne, keltisch-mitteleuropäische, atheistische, progressiv-liberale, Punkrock, cis Frau».

In jungen Jahren hat Sonja Pikart Humanbiologie in Marburg studiert, 2009 übersiedelt sie nach Wien, um am Konservatorium Schauspiel zu erlernen. Bald steht sie auf kleinen Wiener Bühnen, wie dem WUK oder dem Theater Drachengasse, dann debütiert sie auch im Volkstheater und am Hamburger Schauspielhaus.

Gleichzeitig entdeckt die Wahlwienerin ihre Leidenschaft für das Kabarett und feiert 2015 mit ihrem Debütprogramm «Gluten Abend!» einen fulminanten Einstieg in die Kleinkunstszene, ausgezeichnet mit dem «Neulingsnagel» des Theaters am Alsergrund. Vier Jahre später folgt ihr Solo «Metamorphose», eine Auseinandersetzung mit der eigenen Identität und den Eigenheiten der Generation Y.

Sonja Pikart stammt ursprünglich aus Westfalen und ist in dem kleinen Ort Billerbeck nahe Münster aufgewachsen. Groß werden auf dem Land und Dispute mit ihrer Familie sind Bestandteile ihres dritten Bühnensolos «Ein Spatz, ein Wunsch, ein Volksaufstand», ein philosophisches Programm zum Thema Freiheit und Pandemie. Ihr viertes und aktuelles Programm «Halb Mensch» hat im Januar 2024 Premiere und wird im selben Jahr mit dem Österreichischen Kabarettpreis ausgezeichnet. Die Jury feiert die «gewissenhafte sowie schlaue Beobachterin gesellschaftspolitischer Schieflagen und Entwicklungen».

«Halb Mensch» ist eine vergnüglich-aberwitzige Sci-Fi-Reise. Das Programm spielt in einer Zukunft, in der künstliche Intelligenzen die Weltherrschaft an sich gerissen haben. Sonja Pikart denkt diese Dystopie satirisch und konsequent zu Ende: Der Mensch ist bloß noch ein fremdbestimmtes Rädchen in einer KI-bestimmten Welt.

Die rasante Entwicklung der KI-Technologie in den letzten zwei Jahren hat die Kabarettistin zu einem Programm inspiriert, indem sie die Hoffnungen und Ängste der Menschen auf die Bühne bringt. Pikarts Interesse gilt dabei weniger den Technologien als vielmehr der Frage nach der Menschlichkeit und was einen Menschen eigentlich ausmacht. «Sind wir wirklich ersetzbar? Oder sind wir eigentlich viel weniger replizierbar, als wir annehmen?»

Sonja Pikart vermag es, ihr Publikum mit ihrem geistreichen und fantasievollen Humor mitzureißen. Ihre Stärken liegen in der genauen und feinen Beobachtungsgabe, dem untrüglichen Gespür für die kleinen und großen Absurditäten des Alltags sowie dem präzisen schauspielerischen Können, mit dem sie ihre Geschichten und Pointen auf die Bühne bringt. In kunstvoll gebauten, vielschichtigen Erzählsträngen, mit schnellem Rollenwechsel in Szenen und klugen Dialogen, übt sie Kritik an gesellschaftlichen und politischen Missständen, ohne belehrend oder moralisierend zu sein.

Was wie eine Dystopie beginnt, entwickelt im Laufe des Programms mehr und mehr utopische Züge. Es geht um die Suche nach Menschlichkeit und Empathie in einer von Technologien kontrollierten Gesellschaft, um Mythen, Discokugeln und Geisterbahnen. «Was ist der Vorteil des Menschseins gegenüber der KI?», eine Frage, die die talentierte Kabarettistin immer wieder sich und dem Publikum stellt. «Wir sind im Gegensatz zu Computerprogrammen eben nicht binär, sondern vielfältig. Wir müssen uns auf Diversität besinnen. In der Politik wird wieder darüber debattiert, wer normal ist. Diese Diskussion ist derartig unangemessen. Es wäre viel wichtiger, zu sehen, wo die ganze Vielfalt steckt. Was uns Menschen so bunt und so interessant und eben nicht berechenbar macht.»

«Meine Mutter findet mich genial!» – das ist einer der Hits aus Markus Schönholzers aktuellem Programm «Die Schönholzers». Es geht um die bedingungslose Mutterliebe, die dem Vertrauen schenken will, der noch keines hat: dem eigenen Sohn.

1962 im amerikanischen Buffalo geboren, hat er beim Umzug der Familie in die Schweiz einen Traum im Koffer: Nämlich Basketballer zu werden. Die Mutter spricht dem eher kleinen Markus jahrelang gut zu, es werde schon noch etwas mit der Basketballer-Karriere, denn: «Es fehlt ja nur noch der letzte Meter».

Und genau das macht Markus Schönholzers Texte aus: Sie bringen universelle menschliche Erfahrungen auf den Punkt. Die Liebe der Mutter. Die Erwartungen des Vaters – seines Zeichens Naturwissenschaftler –, der gehofft hatte, aus dem kleinen Markus werde der «neue Einstein», vielleicht sogar ein «Zweistein». Aus Schönholzer wurde in Sachen Naturwissenschaft dann nur ein «Keinstein», wie er selber singt.

Schönholzers Lieder sind nicht unbedingt biographisch, aber persönlich. Sie berühren, ohne sentimental zu sein, sie sind klug und voller Blödeleien, sind überspitzt und überdreht und doch so nah dran am Alltag, am Leben.

Wer in einen Theaterabend mit Markus Schönholzer geht, wird lachen und Tränen in den Augen haben – und zwar nicht nur vom Lachen –, wird sich ertappt fühlen und gesehen. Und beim nach Hause gehen eine Melodie von ihm pfeifen.

Denn Markus Schönholzer schreibt Kabarett-Hits. Und das nicht für seine eigenen Programme wie «Die Schönholzers» oder «Schönholzer & Schönholzer», sondern auch für Musicals wie «Die Schweizermacher», «Coco – das Transgender-Musical» oder «Gotthelf», für Kolleginnen und Kollegen wie Charles Lewinsky, Ursus & Nadeschkin, Judith Bach, Anet Corti und viele mehr.

Seine Mutter hat also recht gehabt. Zwar ist aus Markus Schönholzer weder ein grosser Basketballer geworden, noch ein neuer Einstein, dafür aber ein grosser Musikkabarettist. Und deswegen zeichnet die Schweizer Jury ihn mit dem Salzburger Stier 2026 aus. Denn Markus Schönholzer und seine Kunst – die sind genial!

Vier seiner Lieder in Schweizer Mundart hat Markus Schönholzer eigens für den Salzburger Stier in hochdeutsche Sprache übersetzt und neu aufgenommen.